BGH: Eine Bitte um Ratenzahlung ist noch kein Indiz für eine Zahlungseinstellung


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„Erklärt der Schuldner seinem Gläubiger, eine fällige Zahlung nicht in einem Zug erbringen und nur Ratenzahlungen leisten zu können, muss dieser allein aus diesem Umstand nicht zwingend darauf schließen, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.“ (Leitsatz des Gerichts)
BGH, Urteil vom 14.7.2016 – IX ZR 188/15 (OLG Frankfurt a. M.)

Normen: InsO §§ 133 Abs. 1, 17 Abs.2

SACHVERHALT

Ein Dachdeckerunternehmen teilte seinem Baustoffhändler mit, dass es die aufgelaufenen Rückstände nicht einer Summe würde begleichen können und bot eine Ratenzahlung an. Eine Ratenzahlungsvereinbarung wurde nicht geschlossen, allerdings zahlte das Schuldnerunternehmen mehrere Raten in Höhe von insgesamt ca. 6.000,00 € auf die Gesamtforderung des Lieferanten von ca. 13.000,00 €. Später erfolgte die Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Dachdeckerunternehmens. Der Insolvenzverwalter verklagte den Baustoffhändler im Rahmen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO auf Rückzahlung der erhaltenen Ratenzahlung.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab, allerdings ließ das Berufungsgericht die Revision zu. Es führte dazu aus, dass zwar die Benachteiligungsabsicht des Schuldners, also des Dachdeckers, gegeben sei, allerdings habe der Baustofflieferant davon nicht zwingend Kenntnis gehabt. Die Bitte um Ratenzahlung alleine sei kein hinreichendes Indiz für die Kenntnis einer Zahlungseinstellung. Dieser Auffassung schloss sich der BGH an.

BEGRÜNDUNG

Der BGH führt dazu im Kern aus, dass alleine in der Bitte um Ratenzahlung oder der Ratenzahlung selber kein hinreichendes Beweisanzeichen für die Kenntnis der Zahlungseinstellung auf Seiten der Gläubigerin gesehen werden könne. Die Gläubigerin habe aus der Ratenzahlung des Schuldners und seinen Erklärungen dazu im vorliegenden Fall  nicht zwingend auf die Zahlungseinstellung schließen müssen. Insbesondere habe sich daraus nicht ergeben, dass bereits eine Insolvenzreife auf Seiten des Dachdeckerunternehmens vorgelegen habe.

Dieses BFH-Urteil steht in einer Reihe anderer aktueller Anfechtungsentscheidungen, bei denen jeweils Ratenzahlungsvereinbarungen und deren Würdigung als Beweisanzeichen für die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit eine Rolle spielen. Die Sachverhalte sind im Detail jeweils anders gelagert, allerdings kann abgeleitet werden, dass der Hinweis auf eine angebotene oder durchgeführte Ratenzahlungsvereinbarung allein zur Begründung der Vorsatzanfechtung gegenüber dem Anfechtungsgegner nicht ausreicht. Letztlich kommt es immer auf die individuelle Gesamtwürdigung der jeweiligen Konstellation an.

 

BGH: Indizien für Kenntnis der Zahlungseinstellung durch den Anfechtungsgegner


clause-684509_640Der BGH hat aktuell in einem Anfechtungsfall zu  § 133 Abs. 1 InsO (Vorsätzliche Benachteiligung) wie folgt entschieden:

Schweigt der Schuldner einer erheblichen Forderung während eines monatelangen Zeitraums auf Rechnungen und Mahnungen und bietet er nach Einschaltung eines Inkassounternehmens und Erwirken eines Mahnbescheids in dem auf seinen Widerspruch eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die ratenweise Zahlung der Gesamtforderung einschließlich der Zinsen und der angefallenen Kosten an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners, dessen Zahlungsverzug nicht mit einer fortdauernden Anspruchsprüfung erklärt werden kann, erkannt. (Leitsatz des Gerichts)

BGH, Urteil vom 25.02.2016 (Vorinstanz LG Aachen).

In dem entschiedenen Fall hatte ein Transportunternehmen seinen Kunden aufgrund erbrachter Transportleistungen mehrfach zur Zahlung der entsprechenden Rechnungen aufgefordert, mehrere Mahnschreiben versandt, die erfolglos blieben, und den Fall dann zum Forderungseinzug an ein Inkassounternehmen weitergegeben. Dieses erwirkte einen Mahnbescheid gegen den säumigen Kunden, der hiergegen Widerspruch einlegt. Das anschließende Gerichtsverfahren führte zu einem Ratenzahlungsvergleich, auf den der Kunde einige Raten zahlte, bevor er in Insolvenz ging. Der Insolvenzverwalter hat die Zahlungen angefochten und vom dem Transportunternehmen die Rückzahlung zur Masse verlangt. Die Anfechtung wurde argumentativ u.a. darauf gestützt, dass das Transportunternehmen aufgrund der vorherigen Mahnmaßnahmen wusste, dass der Kunde zahlungsunfähig war.

Während die Vorgerichte noch der Meinung waren, dass es dem Transportunternehmen an der Benachteiligungsabsicht gefehlt habe, sah der BFH diese im jetzigen Urteil als gegeben an, weil es gewusst habe, dass der Kunde zahlungsunfähig war. Der BGH  gab der Klage des Insolvenzverwalters somit statt.