Eingeschränkter Vertrauensschutz für Bauleistende


site-1028178_640In einer Pressemitteilung vom heutigen Tag teilt das FG Münster mit:

„Mit heute veröffentlichten Urteilen vom 15.3.2016 (Az. 15 K 1553/15 U und 15 K 3669/15 U) hat der 15. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass in sog. Bauträger-Fällen einer Inanspruchnahme des Bauleistenden keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen, wenn im Ergebnis eine finanzielle Belastung des Bauleistenden durch Abtretung des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs gegen den Bauträger an das Finanzamt ausgeschlossen werden kann.

Den Entscheidungen des 15. Senats lag ein sog. Bauträger-Fall zugrunde. In Bauträger-Fällen erbringt ein Bauleistender gegenüber einem Bauträger, d.h. einem Unternehmer, der selbst nur Grundstückslieferungen ausführt, Bauleistungen. Nach damaliger Ansicht der Finanzverwaltung war auf derartige Fälle das Reverse-Charge-Verfahren (Umkehr der Steuerschuldnerschaft, § 13b Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5 Satz 2 UStG) anwendbar. Der Bundesfinanzhof (BFH-Urteil vom 22.8.2013 V R 37/10, BFHE 243, 20, BStBl. II 2014, 128) hat diese Ansicht der Finanzverwaltung verworfen. Das Finanzamt beabsichtigte anschließend, die Bauleistenden anstelle des Bauträgers als Steuerschuldner nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG in Anspruch zu nehmen.

Die Urteile des 15. Senats des Finanzgerichts Münster vom 15.3.2016 betreffen einerseits die Festsetzung der Umsatzsteuer gegenüber dem Bauleistenden und andererseits die Erhebung der festgesetzten Steuer. Zwar sei das Finanzamt befugt, die Umsatzsteuer gemäß § 27 Abs. 19 UStG gegenüber dem Bauleistenden entsprechend höher festzusetzen, da der Vertrauensschutz des Bauleistenden in die damalige Verwaltungsauffassung ausgeschlossen werde. Dieser Ausschluss sei aber nur dann verfassungsgemäß, wenn im Ergebnis eine finanzielle Belastung des Bauleistenden nicht eintrete. Auf Erhebungsebene sei deshalb das Ermessen des Finanzamts gemäß § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG, die Abtretung des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs anzunehmen, auf null reduziert.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfragen hat der 15. Senat in beiden Entscheidungen die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.“

Quelle: Justiz NRW  (Pressemitteilung des FG Münster vom 15.04.2016)

In einem ähnlich gelagerten Fall hat der BFH bereits Aussetzung der Vollziehung eines Bescheide bewilligt, mit dem ein Bauleistender für die Umsatzsteuer in Anspruch genommen wurde. Der BFH hat grundsätzliche Bedenken geäußert. Die Finanzämter wollen angeblich bereits ihrer Abwicklungspraxis verändern. 

Umsatzsteuer | Finanzämter stoppen Abwicklung der Bauträgerfälle (NWB Experten-Blog)


 Eine neue Entwicklung scheint sich innerhalb der Finanzverwaltung bei der Abwicklung der sog. Bauträgerfälle zu ergeben. Hierauf weisen Robert Hammerl im NWB Experten-Blog sowie diverse Steuerberaterverbände hin.

 

Hintergrund: Der Bauträger ist aufgrund des BFH-Urteils v. 22.8.2013 – V R 37/10 nicht mehr Schuldner der Umsatzsteuer aus dem Bezug von Bauleistungen. Die Finanzverwaltung ist mit BMF-Schreiben vom 5.2.2014 dieser Rechtsprechung gefolgt. Der Bauträger stellt einen Antrag auf Auszahlung der Umsatzsteuer für die Vergangenheit, die aufgrund der Regelung in § 27 Abs. 19 UStG aber nicht ausbezahlt werden soll, sondern durch Inrechnungstellung der Umsatzsteuer durch den Subunternehmer mit der zivilrechtlichen Forderung des Subunternehmers verrechnet wird. Im Ergebnis würde der Bauträger damit nur die Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO erhalten, während der Subunternehmer aufgrund des § 233a Abs. 2a AO nicht mit Nachzahlungszinsen belangt werden soll. Der Zinslauf beim Subunternehmer beginnt erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Bauträger den Antrag auf Erstattung gestellt hat.

Neue Entwicklung: Der BFH hatte mit Beschluss v. 27.1.2016 – V B 87/15 zur Frage der Aussetzung der Vollziehung in den Bauträgerfällen Stellung genommen und dargelegt, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme des Subunternehmers durch § 27 Abs. 19 UStG bestehen. Darüber hinaus hält es der BFH für ernstlich zweifelhaft, ob der Anspruch des Subunternehmers auf Nachbelastung der Umsatzsteuer entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG uneinbringlich geworden ist.

Die Finanzverwaltung interpretiert nun diesen Beschluss wie folgt:

  1. Die vom Bauträger und Subunternehmer damals übereinstimmend angenommene Steuerschuldumkehr entfällt gemäß § 17 UStG erst, wenn der Bauträger die Umsatzsteuer an den Subunternehmer bezahlt.
  2. Der Subunternehmer hat die Leistung erst zu versteuern, wenn er den darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrag vereinnahmt hat.

Es ist ein BMF-Schreiben hierzu in Arbeit. Damit möchte die Finanzverwaltung die Zinserstattung beim Bauträger vermeiden und – soweit der Subunternehmer gar nicht mehr in Anspruch genommen werden kann – auch die Auszahlung der Umsatzsteuer. Die Finanzverwaltung stellt nun die Inanspruchnahme des Subunternehmers bis auf weiteres zurück. Sie weist in den Schreiben an die Bauträger darauf hin, dass die Anträge auf Erstattung zurückzunehmen sind, da diese unbegründet sind. Es erstaunt doch sehr, wie der Beschluss des V. Senats von der Finanzverwaltung ausgelegt wird, um sich nun schadlos zu halten.

Empfehlung: Sie sollten sich von der Finanzverwaltung schriftlich bestätigen lassen, dass auch nach Ablauf der Karenzzeit des § 233a Abs. 2a AO beim Subunternehmer keine Zinsen festgesetzt werden, da die Festsetzung der Umsatzsteuer ja nun zurückgestellt wird. Auf Seiten des Bauträgers sollten Sie weiterhin auf dem Antrag beharren und das weitere Vorgehen abwarten. Der Gang zum Finanzgericht ist damit vorprogrammiert.

Quellen: NWB Experten-Blog, Meldung v. 23.3.2016 sowie u.a. Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt e.V. online

Umsatzsteuer: Reverse-Charge-Verfahren für Umsätze mit Mobilfunkgeräten


Der Bundesrat hat  am 27.5.2011 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 14.4.2011 verabschiedeten Sechsten Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen zuzustimmen. Auf Veranlassung des Bundesrats wurde das Gesetz  um eine Änderung im Umsatzsteuergesetz ergänzt:  Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger (sog. Reverse-Charge-Verfahren)  u.a. auf Mobilfunkgeräte auszuweiten. Die nun beschlossene Neuregelung zum Reverse-Charge-Verfahren für Umsätze mit Mobilfunkgeräten soll bereits zum 1.7.2011 in Kraft treten.

Quelle: Bundesrat online