Steuerliche Problemfelder bei der Unternehmenssanierung


Bei der Sanierung eines Unternehmens in der Krise sind immer auch die möglichen steuerlichen Folgen der Sanierungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Dabei liegen vor  allem drei Themen  regelmäßig auf dem Tisch:

  • die Steuerpflicht eines Sanierungsgewinnes,
  • der Untergang von Verlustvorträgen bei Investoreneintritt zum Zwecke der Sanierung,
  • die Wirkungen der Mindestbesteuerung.

Alle diese Fragen stehen im Übrigen nicht nur bei der außergerichtlichen Sanierung an, sondern auch bei der Restrukturierung mithilfe des Insolvenzrechtes, z.B. in einem Insolvenzplanverfahren.

 

Sind Sanierungsgewinne steuerpflichtig?

Hilfreich für die Sanierungspraxis wäre es sicherlich, wenn an dieser Stelle kein Fragezeichen stehen müsste. Tatsächlich herrscht  aber gegenwärtig keine Rechtssicherheit.

Sanierungsmaßnahmen sind häufig mit Forderungsversuchten von Gläubigern verbunden. Daraus entsteht regelmäßig eine bilanzierter Buchgewinn, der – soweit er nicht durch Verlustvorträge neutralisiert werden kann, auch grundsätzlich steuerpflichtig ist. Bis  2002 war durch gesetzliche Regelung im EStG der Sanierungsgewinn steuerbefreit. Der Gesetzgeber hat diese Regelung dann aufgehoben.  In der Praxis existiert die Steuerbefreiung des Sanierungsgewinnes aber weiter,  weil die Finanzämter den sog. Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums aus 2003 anwenden. Dieser führt in einem mehrstufigen Verfahren (Verrechnung mit Verlustvorträgen, die Steuerstundung und anschließenden Steuererlass) letztlich zur Steuerbefreiung des Sanierungsgewinnes auf dem Wege sog. Billigkeitsmaßnahmen, zumindest für die Ertragsteuern, die durch die Finanzämter verwaltet werden: die Körperschaft- und die Einkommensteuer.

Als weitere Ertragsteuer, die an einen Sanierungsgewinn anknüpft kommt jedoch regelmäßig die Gewerbesteuer ins Spiel. Die wird von den Kommunen erhoben, die an Billigkeitsmaßnahmen der Finanzämter nicht gebunden sind. Folglich sind auch diese durch gesonderte Anträge, die auf den gleichen Argumenten fußen, zur Erzielung der Steuerfreiheit einzubinden. Allerdings  entscheiden die Kommunen nach eigenem Ermessen entscheiden und sind nich an den Sanierungserlass des BMF gebunden.
Das größte aktuelle Problem liegt aber darin, dass der Sanierungserlass selbst auf rechtlich wackeligen Beinen steht. Gegenwärtig liegt die Frage der Rechtmäßigkeit des Erlasses dem Großen Senat des BFH zur Entscheidung vor. Im Raum stehen vor allem zwei Fragen: 1. Kann die Verwaltung (also das Bundesfinanzministerium) quasi durch die Hintertür wieder die Regelung – nämlich die Steuerfreiheit – einführen, die der Gesetzgeber zuvor ausdrücklich abgeschafft hat? 2. Ist die Steuerfreistellung des Sanierungsgewinnes möglicherweise eine Verstoß gegen das EU-Beihilferecht, weil es deutsche Unternehmen wettbewerbswidrig  privilegiert? Eine Entscheidung wird möglicherweise in 2016 fallen, falls der Große Senat des BFH nicht letztere Frage zunächst dem EuGH zur Stellungnahme vorlegt.

Anteilskauf durch Investoren

Ein weiteres Problemfeld bei Kapitalgesellschaften ist der Erwerb von Anteilen am zu sanierenden Unternehmen durch einen externen Investor. Häufig ist gerade der Einstieg eines externen Investors der einzige Weg um frisches Eigenkapital zu besorgen und damit auch Fremdkapitalgeber wie Banken und Lieferanten bei der Stange zu halten.

Werden aber durch diesen Beteiligungskauf mehr als 25% des vorherigen Stammkapitals übertragen, geht ein Verlustvortrag bei der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer anteilig in Höhe der übertragenen Beteiligungsquote unter. Werden mehr als 50% übertragen geht der Verlustvortrag ganz unter. D.h. Verluste, die ja gerade bei Krisenunternehmen häufig in der Vergangenheit entstanden sind, können für die Sanierung nicht mehr genutzt werden (§ 8c Abs. 1 KStG).

Der deutsche Gesetzgeber hatte dieses Problem durchaus gesehen, und im § 8c Abs. 1a KStG eine Ausnahmeregelung für den Fall der Sanierung vorgesehen, wenn tatsächlich frisches Eigenkapital zugeführt wird. Diese Regelung hat die europäische Kommission jedoch für europarechtswidrig erklärt und die weitere Anwendung untersagt. Da die Bundesrepublik Deutschland die Rechtsbehelfsfrist gegen diesen Beschluss versäumt hat, müssen wir also gegenwärtig damit leben, dass die Verlustvorträge untergehen.

Eingeschränkte Verlustverrechnung durch die Mindestbesteuerung

Selbst wenn der Verlustvortrag nutzbar bleibt, ganz oder nur teilweise (z.B. im Jahr des Eintritts eines Investors), tritt ein weiteres steuerliches Problemfeld hinzu: die  sog. Mindestbesteuerung. Die Regel besagt folgendes: Verluste können nur bis zu einer Million Gewinn unbeschränkt abgezogen werden und darüberhinaus nur zu 60%. Das heisst, dass 40% des Sanierungsgewinnes, der 1 Mio € übersteigt, immer steuerpflichtig bleiben.

Andere Problemfelder

Vorstehend haben wir nur die „Standard-Probleme“ aufgezeigt, die bei nahezu jeder Sanierung in steuerlicher Hinsicht auftreten.
Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass auch andere Steuerarten tangiert werden können, so z.B. die Erbschafts- und Schenkungssteuer und fast immer die Umsatzsteuer. Gerade letztere stellt vor allem bei der Sanierung mittels Insolvenzrecht (z.B. Schutzschirmverfahren, Eigenverwaltung, Insolvenzplan) eine besondere Herausforderung dar.

Insolvenzrecht | ESUG am 1.3.2012 in Kraft getreten | ein Überblick


ESUG - neue Sanierungschancen Mit diesem Beitrag starten wie eine  Serie über die wichtigsten Änderungen des Insolvenzrechts durch das ESUG:

Am 1.3.2012 ist das „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ (ESUG) in Kraft getreten. Dabei handelt es sich um eine weitreichende Reform der Insolvenzordnung und damit des Insolvenzrechts im allgemeinen. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die nach 15- jähriger Diskussion sehr halbherzig geratene Insolvenzrechtsreform von 1999 in ihren wesentlichen Anliegen verpufft ist. Deren Ziel war es nämlich, die Sanierung von Unternehmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen zu erhalten. Zentrales Instrument sollte demnach das sog. Insolvenzplanverfahren sein, ein in der Insolvenzordnung geregeltes Verfahren um einen Ausgleich zwischen verschiedenenen Gläubigergruppen herzustellen. Das Verfahren war kompliziert, schwerfällig und in der Praxis nicht akzeptiert: bis 2010 wurden nur ca. 1 bis 2 Prozent aller Insolvenzverfahren im sog. „Planverfahren“ abgewickelt.  

Grund dafür ist die in Deutschland nach wie vor verbreitete Meinung, dass ein Insolvenzverfahren, auch wenn es zur Sanierung dienen soll, faktisch eine „Bankrotterklärung“ des Unternehmers darstellt. Dies hat zur Folge, dass Restruktierungs- und Sanierungsmaßnahmen vielfach zu spät eingeleitet werden (können) und somit häufig auch keine Erfolgsaussicht mehr haben. Nebeneffekt dabei ist es nach wie vor, dass viele Schuldner zumindest förmlich ins Ausland flüchten (Frankreich, England), weil sie dort eine weniger „makelbehaftete“, schnellere und unkomplizierte Sanierung erwarten (sog. „Insolvenztourismus“).

Das war der Hintergrund, vor dem die Insolvenzrechtsfreform des ESUG konzipiert wurde. Die Reform soll nach dem Willen des Gesetzgebers vor allem dazu dienen, dem negativen Image des Insolvenzverfahrens entgegenzuwirken und eine „neue Insolvenzkultur“ zu schaffen (BMJ Pressemitteilung vom 23.02.2011) . Demnach bestehen die Änderungen vor allem in folgenden Bereichen:

  • das „Schutzschirmverfahren“: im gewollten Ergebnis ähnlich dem amerikanischen Chapter-11-Verfahren wird dem Schuldner ermöglicht, sich in ein besonderes Insolvenzverfahren zu begeben, das bestimmt von Eigenverwaltung und Insolvenzplan möglichst frei und ohne Verfügungsbeschränkungen die Sanierung des Unternehmens ermöglichen soll. Wichtigster Vorteil ist dabei der vorübergehende, gerichtlich angeordnete Vollstreckungsschutz, um „in Ruhe“ die notwendigen Sanierungsoptionen zu überprüfen und einzuleiten.
  • die Stärkung der Gläubigerrechte durch einen vorläufigen Gläubigerausschuss bereits währen des Insolvenzeröffnugnsverfahrens.
  • Umwandlung von Gläubigerforderungen in Eigenkapital (Beteiligungsrechte) im Rahmen eines sog. „debt-equity-swaps“, auch dies als Gestaltungsmaßnahme im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens wählbar. Hier liegen steuerrechtliche Minen vergraben: Der Sanierungsgewinn bei Kapitalgesellschaften durch Forderungsverzicht wird grundsätzlich durch § 8c Abs. 1a KStG geregelt. Ob dieser auch für die debt-equity-swaps gelten wird, ist ungeklärt. Das ist deshalb von Bedeutung, weil nach Auffassung der europäischen Kommission diese Regelung als europarechtswidrige Beihilfe anzusehen ist.

In weiteren Beiträgen werden wir Sie über diese Themen im Detail informieren:

  • Das Insolvenzplanverfahren / Schutzschirmverfahren
  • Der vorläufige Gläubigerausschuss
  • Kapital und- Gesellschaftsrechte (dept-equaty-swap) /steuerliche Folgen 

Sanierungssteuerrecht | FG Münster: Verstößt Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG tatsächlich gegen Gemeinschaftsrecht?


 

FG Münster

Der 9. Senat des Finanzgerichts Münster hat erhebliche Zweifel, ob die sog. Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG tatsächlich – wie die Europäische Kommission festgestellt hat – als unzulässige Beihilfe anzusehen ist (Beschluss vom 1. August 2011, 9 V 357/11 K, G). Das Finanzgericht hat daher im Streitfall die Vollziehung von Steuerbescheiden ausgesetzt, in denen das Finanzamt unter Hinweis auf § 8c Abs. 1 KStG Verluste nicht mehr berücksichtigt hatte, obwohl unstreitig die Voraussetzungen der Sanierungsklausel erfüllt waren.

 Zum Hintergrund: Körperschaften – wie z.B. im Streitfall eine GmbH – können grundsätzlich nicht genutzte Verluste aus Vorjahren mit Gewinnen verrechnen. Werden jedoch Gesellschaftsanteile übertragen, d.h. kommt es zu einem Gesellschafterwechsel, so verbietet § 8c Abs. 1 KStG in bestimmten Fällen ganz oder teilweise den Abzug früherer Verluste. Diese Beschränkung des Verlustabzugs gilt allerdings gem. § 8c Abs. 1a KStG nicht, wenn der Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs erfolgt. Daher ist die Verlustnutzung in Sanierungsfällen unter bestimmten Voraussetzungen trotz einer „schädlichen“ Anteilsübertragung im Sinne des § 8c Abs. 1 KStG möglich.

Die Europäische Kommission sieht allerdings in § 8c Abs. 1a KStG eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe. Aufgrund einer entsprechenden Entscheidung der Kommission vom 26. Januar 2011 dürfen deutsche Finanzämter die Sanierungsklausel grundsätzlich nicht mehr anwenden – trotz der seitens der Bundesregierung insoweit beim Gericht der Europäischen Union erhobenen Nichtigkeitsklage. 

Im Streitfall hatte die Entscheidung der Europäischen Kommission zur Folge, dass das Finanzamt zunächst bei der Antragstellerin wegen der Geltung der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG berücksichtigte Verluste nicht mehr anerkannt hat. Die Antragstellerin sieht sich daher Steuerforderungen gegenüber, die den Fortbestand des Unternehmens gefährden. Sie beantragte deshalb, die Vollziehung der Steuerbescheide trotz der Entscheidung der Europäischen Kommission auszusetzen. 

Der 9. Senat des Finanzgerichts Münster hat dem Antrag mit Blick auf den ansonsten für die Antragstellerin drohenden schweren, nicht wiedergutzumachenden Schaden entsprochen und seine Entscheidung mit ernstlichen Zweifeln an der Auffassung der Europäischen Kommission begründet. Nicht nur das Gericht der Europäischen Union, sondern auch die nationalen Gerichte seien in einem solchen Fall zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes befugt. Es sei fraglich, ob die (den Verlustabzug erhaltende) Sanierungsklausel eine begünstigende Ausnahme vom „Normalfall“ der Besteuerung enthalte. Denn zweifelhaft sei, ob als „Normalfall“ der grundsätzlich zugelassene Verlustabzug oder die Abzugsbeschränkung des § 8c Abs. 1 KStG angesehen werden müsse. Zudem gelte die Sanierungsklausel für jedes Unternehmen, das sich in finanziellen Schwierigkeiten befinde, ohne dass eine Bevorzugung bestimmter Branchen oder Unternehmen ersichtlich sei. 

Das Gericht wies zudem darauf hin, dass eine Aussetzung der Vollziehung – ungeachtet der Frage der Gemeinschaftswidrigkeit der Sanierungsklausel – auch deshalb geboten sei, weil das Verlustabzugsverbot des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG möglicherweise gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG verstoße und verfassungswidrig sei. Entsprechende Bedenken ergäben sich jedenfalls mit Blick auf den Beschluss des Finanzgerichts Hamburg vom 4. April 2011 (2 K 33/10), mit dem die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG dem Bundesverfassungsgericht (2 BvL 6/11) vorgelegt worden sei. Auch bestehe ein besonders gewichtiges Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung, weil ihr andernfalls irreparable Nachteile drohten. Der 9. Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: Finanzgericht Münster, Pressemitteilung Nr. 11 vom 15.08.2011

 

Bundesministerium der Finanzen: Die Bundesregierung wird gegen den Beschluss der EU-Kommission vom 26. Januar 2011 betreffend die Sanierungsklausel des § 8c Absatz 1a KStG Klage erheben


Über die Entwicklung der sog. „Sanierungsklausel“ des § 8c KStG hatten wir hier schon mehrfach berichtet und deren Inhalt erklärt. . Zuletzt hatte die EU-Kommision diese Regelung mit Beschluss vom 26.01.2011 für europarechtswidrig erklärt. Dagegegen will das Bundesfinanzministerium jetzt vorgehen. Hier die Pressemitteilung des BMF vom 09.03.2011 im Wortlaut:

„Die Europäische Kommission hat am 26. Januar 2011 entschieden, dass die sog. Sanierungsklausel des § 8c Absatz 1a KStG eine mit dem Binnenmarkt [Glossar] nicht zu vereinbarende rechtswidrige Beihilferegelung im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellt. Nach Auffassung der Europäischen Kommission begünstigt die Sanierungsklausel selektiv  „Unternehmen in Schwierigkeiten“.

Mit dem Bürgerentlastungsgesetz ist die Sanierungsklausel im Juli 2009 befristet eingeführt und im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes in eine unbefristete Maßnahme umgewandelt worden. Die Sanierungsklausel erlaubt Unternehmen, Verluste trotz Anteilseignerwechsel weiter zu nutzen und die Steuerlast in künftigen Jahren zu verringern, wenn der Anteilseignerwechsel zum Zwecke der Sanierung erfolgt.

Aus Sicht der Bundesregierung handelt es sich bei der Sanierungsklausel nicht um eine selektive staatliche Beihilferegelung im Sinne des Artikel 107 Absatz 1 AEUV. Sie wird deswegen gegen diese Entscheidung der Kommission eine Nichtigkeitsklage vor dem Gericht der Europäischen Union erheben.

Eine solche Klage hat aber keine aufschiebende Wirkung. Die Umsetzung des Beschlusses der Europäischen Kommission ist unionsrechtlich zwingend vorgegeben, insbesondere müssen gewährte Steuervorteile innerhalb der vorgegebenen Frist von 4 Monaten zurückgefordert und die gesetzlicheVorschrift aufgehoben werden. Ein entsprechendes BMF-Schreiben zur Umsetzung des Kommissionsbeschlusses wurde daher an die Obersten Finanzbehörden der Länder gesandt.

Sollte die Bundesregierung mit ihrer Klage obsiegen, könnte die Sanierungsklausel des § 8c Absatz 1a KStG für die Veranlagungszeiträume 2008, 2009 und 2010 wieder Anwendung finden.

Nach der Entscheidung der Europäischen Kommission können nur in Ausnahmefällen auf der Grundlage der Sanierungsklausel gewährte „Einzelbeihilfen“ mit dem Binnenmarkt vereinbar und damit von der Rückforderung ausgenommen sein, soweit der Steuervorteil 500.000 Euro [Glossar] nicht überschreitet, das begünstigte Unternehmen zum 1. Juli 2008 kein „Unternehmen in Schwierigkeiten“ war und alle anderen einschlägigen Voraussetzungen des Vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der Finanz- und Wirtschaftskrise sowie der einschlägigen Umsetzungsregelungen erfüllt sind.“

Quelle: Bundesministerium der Finanzen: Die Bundesregierung wird gegen den Beschluss der EU-Kommission vom 26. Januar 2011 betreffend die Sanierungsklausel des § 8c Absatz 1a KStG Klage erheben.

Sanierungsklausel § 8c KStG ist nicht mit EU-Beihilferegeln vereinbar!


Sanierungsklauseln verstoßen gegen EU-RechtEs drohen jetzt Rückforderungen von Steuervergünstigungen seit dem 1.1.2008!

Worum geht es?

Die sog. Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG ermöglicht es Unternehmen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind, Verluste auch dann zu verwerten, wenn die Anteilseigner, also Eigentümer des Unternehmens wechseln.  Der Anteilsverkauf an zahlungskräftige neue Anteilseigner stellt ein geeignetes Sanierungsinstrument dar, um Unternehmen, die sich in wirtschaftlicher Schieflage befinden und auf die Zufuhr neuen liquiden Kapitals angewiesen sind, zu retten. Nach o.g. Regelung des Körperschaftsteuerrechts konnten trotz Eigentümerwechsels diese Unternehmen ihre Verlustvorträge aus schlechten Zeiten mit Gewinnen aus besseren Zeiten nach der Sanierung verrechnen. Die Sanierungsklausel wurde im Juli 2009 verabschiedet mit einer rückwirkenden Anwendung ab dem 1.1.2008. Dies war eine Reaktion auf die globale Wirtschaftskrise.

Nach Ansicht der EU-Kommission stellt diese Steuer-Vorschrift eine staatliche Beihilfe dar, die nicht mit den EU-Beihilferegeln vereinbar ist (EU-Kommission Pressemitteilung vom 26.01.2011, IP/11/65). Da die EU-Kommission bereits im Februar 2010 ein Prüfverfahren eröffnet hatte, wies das Bundesfinanzministerium (BMF) bereits mit Schreiben vom 30.04.2010 die Finanzämter an, diese Sanierungsklausel nicht mehr anzuwenden.

Die EU-Kommission begründet ihre Auffassung damit, dass die Sanierungsklausel in Deutschland von den allgemeinen Prinzipien des Unternehmenssteuerrechts in Deutschland und der EU abweicht und somit eine unzulässige Beihilfe darstellt. Hintergrund ist, dass die EU grundsätzlich sehr streng darüber wacht, ob ein Land „seine“ Wirtschaft besonders fördert und damit Wettbewerbsvorteile im Vergleich zu anderen Ländern einrichtet. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Regelung den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verzehrt.

Wie häufig im Steuerrecht ist die jetzige Auffassung aber nicht den guten Wirkungen einer solchen Regelungen geprägt-Sanierung, Erhalt von Arbeitsplätzen, Sicherung von nachhaltigem Steueraufkommen –  sondern eher vom Missbrauchsgedanken: Die Kommission fürchtet, dass gesunde Unternehmen andere marode Unternehmen aufkaufen, um damit durch deren Verlustvorträge ihre eigene Steuerbelastung zu senken.

Was folgt daraus?

ACHTUNG: Die EU-Kommission hat Deutschland angewiesen, alle Steuervergünstigungen, die unter dieser Regelung seit dem 1.1.2008 an Unternehmen gewährt wurden, zurückzufordern. Deutschland hat zwei Monate Zeit, um der Kommission eine Liste der betroffenen, d.h. „begünstigten“ Unternehmen zu übermitteln und sie zu informieren, welcher Gesamtbetrag zurückgefordert werden kann. Wer von dieser R3gelung profitiert hat, muss also mit Steuernachzahlungen rechnen.   

FAZIT:

Unternehmenssanierung in Deutschland wir noch einmal erschwert. Neben den Änderungen der Insolvenzordnung, die ab 1.1.2011 dem Staat ein neues Vorrecht für Steuerforderungen eingeräumt haben und damit die eigentlich einmal gewollten Sanierungschancen im Insolvenzverfahren radikal verschlechtert haben, werden auch steuerliche Begünstigungen für Unternehmenssanierungen außerhalb des Insolvenzverfahrens durch das Wettbewerbsrecht der EU kassiert. Die Zeche zahlen im Regelfall ungesicherte Gläubiger – wie andere Unternehmer, z.B. Lieferanten,  und die Arbeitnehmer.

BMF setzt das Sanierungsprivileg des § 8c Abs. 1a KStG aus


 

"Gewinn" "Verlust" "Verlustvortrag" "Sanierungsklausel" "Sanierungsprivileg"
Die Sanierung für Kapitalgesellschaften wird erschwert

Das BMF hat mit Schreiben vom 30.04.2010 mitgeteilt, dass § 8c Abs. 1a KStG – die sog. Sanierungsklausel – vorerst nicht mehr anzuwenden ist. Damit reagiert das Ministerium auf ein Verfahren, das die europäische Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hat.

Zum Hintergrund: Die Regelung des § 8c Abs. 1a KStG sieht vor, dass bei sanierungsbedürftigen Kapitalgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen ein Verlustvortrag nicht untergeht, auch wenn mehr als 25% der Anteile übertragen werden. Dabei unterscheidet die Vorschrift zwischen angeschlagenen Unternehmen, die auf diese Weise einen steuerlichen Vorteil erhalten, das sog. Sanierungsprivileg, und gesunden Unternehmen, bei denen eine Anteilsübertragun von mehr als 25% nach wie vor zum Untergang des Verlustvortrags führt.

Gerade in dieser Unterscheidung sieht die europäische Kommission aber eine unzulässige Beihilfe.

Was bedeutet das für die Unternehmen?  Soweit sie bereits von der Regelung des 8c Abs. 1 KStG begünstig wurden, bleiben die Bescheide vorerst unberührt. Allerdings werden die Unternehemen über die Verfahrenseinleitung durch die europäische Kommission informiert. Ob hier das Risiko von Rückzahlungen auf die bereits erhaltenen Vergünstigungen besteht, sollte geprüft werden.

Schlimm ist allerdings, dass eine erhebliche Unsicherheit über die steuerliche Behandlung bei anstehenden Sanierungen entstanden ist, bei denen eine Sanierung mit Anteilsübertragung unter Berücksichtigung des Sanierungsprivilegs erfolgen soll.